Durch ihre Kooperation mit dem Bonifatiushaus konnte die Rabanus-Maurus-Schule Manfred Casper als Referenten für die Schülerinnen und Schüler der Q1 gewinnen. Der Vortrag des Zeitzeugen gab nicht nur spannende Einblicke in das Leben in der DDR aus der Sicht eines Dissidenten, er bot auch die Gelegenheit zu echter „Oral History“, die dem Geschichtsunterricht eindrücklich Leben einzuhauchen vermag.
Anschaulich und mit authentischen Dokumenten berichtete Manfred Casper in einem Vortrag in der Aula über seinen Lebensweg in der DDR: Auf die unbeschwerte Kindheit folgte eine zunehmende Entfremdung von der zunehmend als einengend empfundenen Diktatur. Dieser Freiheitswille konkretisierte sich dann in einem gescheiterten Fluchtversuch des Achtzehnjährigen über die bulgarische Grenze in den Westen, der zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen „Republikflucht“ führte. Auch im Gefängnis widersetzte sich Casper ideologischen Umerziehungsmaßnahmen und blieb Systemkritiker.
Nach seinem Freikauf durch die Bundesrepublik und nach dem Fall der Mauer erhielt Casper dann Einblick in seine umfangreiche Stasi-Akte die er in Auszügen präsentierte. Insgesamt gab der Vortrag einen interessanten Einblick in eine Diktatur, die Menschen Individualität und Selbstbestimmung verwehrte, die ihre Grundrechte beschnitt und ihr Denken und Handeln überwachte. Fluchtversuche besaßen in diesem Rahmen, in dem keine politische Opposition möglich war, auch eine wichtige politische Bedeutung für die Delegitimierung dieses Systems.
Erst Jahre nach Caspers Übersiedlung in die Bundesrepublik fiel 1989 in der DDR die Mauer. Diese Mauer fiel aber nicht von allein: Etliche Menschen, die sich vorher ohnmächtig gefühlt und in Nischen geflüchtet hatten, überwanden innerhalb weniger Wochen, ja Tage, ihre Angst, ihre Bedenken, ihre Zurückhaltung und brachten sie zu Fall.
Marcel Zirpins