Bevor man die folgende Begrüßung liest, muss man sich im Geiste einen starken amerikanischen Akzent vorstellen. Mit diesem nämlich begrüßte allmorgendlich Schulleiter Branden Strauch in deutscher Sprache die Schülerinnen und Schüler der zweisprachigen Rilke Schule: „Guten Morgen Rilke Schule, wir haben heute Mittwoch, den 4. September 2024 und ich habe hier zwei Gäste. Wer seid ihr?“ Es stellen sich täglich zwei Kinder vor, die im Anschluss die berühmte „Pledge of Allegiance“ in deutscher Sprache vortragen. Nach der Verkündung der Geburtstagskinder des Tages und einiger kluger Gedanken unter dem Titel „Words of Wisdom“ beginnt ein Schultag, der niemals durch eine Schulglocke unterbrochen wird. So etwas gibt es an unserer Partnerschule in Anchorage nicht. Dank des GAPP (German American Partnership Program) Austauschprogramms, das unsere Schulen schon seit über einem Jahrzehnt miteinander verbindet, konnten wir in den amerikanischen Schulalltag eintauchen.

Im Vergleich zu unserem bekannten Alltag sind einige Unterschiede zu vermerken: Eine klassische Taktung nach 1. Stunde, 2. Stunde usw. sucht man vergeblich; alle Lehrkräfte sind mit Walkie Talkies ausgestattet, mit denen sie sich untereinander abstimmen; der Dresscode ist recht streng, sichtbare Labels oder Prints sind nicht erlaubt. Der offizielle Unterricht endet für alle Kinder, auch für die jüngsten, frühestens 15.00 Uhr, anschließend beginnen noch die AGs. Die Schule beherbergt den Kindergarten, die Grundschule und die Sekundarstufe bis zur 8. Klasse. Ab Klasse 9 besucht man dann die High School. Tägliches Highlight der Rilke Schule ist vermutlich Trainer Amber Maddie, die von früh bis spät mit unverändert guter Laune ihre Sportkommandos durchs Mikrofon erteilt und die, wo es sich bot, unsere Schülerinnen und Schüler zum Mitmachen oder Vorturnen einsetzte. Der Spruch: „In einer Welt, in der du alles sein kannst, sei freundlich!“ ziert nicht nur die Sporthallentür, sondern scheint auch ihr eigenes Lebensmotto zu sein.

Wir trafen insgesamt auf große Gastfreundschaft. Vom Willkommensfrühstück bis zur Farewell Party gaben alle ihr Bestes. Gasteltern wie Lehrkräfte gaben uns das Gefühl, etwas ganz Besonderes sein. Auch das Land wurde uns in seiner Vielseitigkeit und Einzigartigkeit präsentiert. Ein Fotomotiv jagte auf unseren Ausflügen das nächste. Auf diese Weise stellten die 16 Tage eine einzige Klimax dar. Vom Besuch der Thunderbird Falls zu Beginn unseres Aufenthalts bis zum Besuch der Gletscher in den Fjorden bei Whittier wurden täglich unvergessliche Erinnerungen geschaffen. Neben den vielen Glücksmomenten, die auf diese Weise entstanden, gab es aber auch diesen einen Moment, der nachdenklich stimmte: Als der Crew unseres Ausflugsboots, das aus der Kapitänin, einer Ozeanologin und eine Meeresbiologin bestand, im Angesicht abschmelzender Gletscher gemeinschaftlich der Atem stockte, konnte man durchaus selbst einen Kloß im Hals spüren.

Am letzten Abend wurde uns noch einmal vor Augen geführt, wie einzigartig Alaska ist, ein Abschiedsfest vor riesigem Regenbogen ging über in eine Nacht voller Polarlichter.

Bei diesem Austausch sind sicher Freundschaften entstanden, die lange halten werden. Noch am Flughafen gab es herzerwärmende Abschiedsszenen. Aber noch schöner waren die Bilder am Bahnhof Fulda, wo bereits Eltern, Geschwister und sogar Haustiere auf die heimkehrenden Kinder warteten und diese glücklich und erleichtert wieder in die Arme schlossen.

Philipp Schubert und Constanze Schneider

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